WZ newsline 23.10.2011
http://www.wz-newsline.de/lokales/kreis-mettmann/velbert/ehrenamtsboerse-die-jugend-sucht-sich-projekte-1.800175

Ehrenamtsbörse: Die Jugend sucht sich Projekte
Von Florian Rinke

Bei der 5. Ehrenamtsbörse ging es auch um die Frage, wie sich Engagement verändert.

Simone Bahrmann
Eine ganz andere Form des Ehrenamts praktizieren die Mitglieder des „Feldbrathi Fantasy Lesezirkels (hier von links: Alexander Gäb, Julia Killisch, Annabelle Killisch, Anika Tilenius,Alexandra Bongers und Hristina Milosevic). Sie sammeln bei ihren Lesungen Geld und spenden es.

Velbert. Während im Foyer des Forums Ehrenamtler Broschüren und Werbeflyer verteilen, hat es sich eine Gruppe eine Etage höher gemütlich gemacht. In Piratenmontur sitzt Käpt’n Alexandra Bongers an einem Tisch und liest aus einem Buch vor. Um sie herum haben sich einige Jugendliche im Halbkreis versammelt, manche in langen Gewändern und fantasievoll geschminkt, andere in ganz normaler Straßenkleidung.

„Das Ehrenamt kann kein zweiter Beruf sein. Es darf nicht in Stress
ausarten.“

Pfarrer Peter Jansen

Der „Feldbrathi Fantasy Lesezirkel“ fällt bei der fünften Velberter Ehrenamtsbörse nicht nur optisch, sondern auch durch sein Konzept aus dem Rahmen. „Im Grunde machen wir Mini-Lesungen für die anderen von uns“, sagt Annabelle Killisch (15). Bei regelmäßigen Treffen stellen sich die Mitglieder gegenseitig neue Fantasy-Bücher vor und laden Autoren ein, um bei ihnen öffentlich zu lesen.

„Im Gegenzug tun wir dann etwas für den guten Zweck und spenden den Erlös“, sagt Alexandra Bongers, die den Zirkel 2009 gründete. Annabelle Killisch hatte sich zuvor nie ehrenamtlich engagiert und merkt: „Das macht wirklich Spaß und ist mal was ganz anderes gegenüber dem, was wir sonst machen.“

Der Feldbrathi Fantasy Lesezirkel steht stellvertretend für eine neue Form des Ehrenamts, das die klassischen Angebote von Chören, Sozialverbänden und anderen Vereinen ergänzt – und mit ihnen konkurriert. So auch mit dem bereits 1953 gegründeten Motorsport-Club Neviges-Tönisheide. Dessen Vorsitzender Wolfgang Maiwald sagt daher auch: „Das Angebot für Jugendliche ist bedeutend größer als noch vor einigen Jahren.“ Da der Motorsport zudem sehr viel koste, müsse man sich als Verein besonders anstrengen: „Unseren Nachwuchs gewinnen wir heute hauptsächlich durch das Ferienprogramm, bei dem wir an zwei Tagen Kartfahren anbieten.“

Vereine und Verbände müssen sich um den Nachwuchs bemühen

Auch bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Ehrenamt“ sind sich die Gesprächspartner einig, dass sich Verbände und Vereine künftig stärker um den Nachwuchs bemühen müssten. „Das Ehrenamt wird zunehmend projektorientierter. Wir müssen daher auch flexibler sein im Umgang mit Menschen, die sich nicht dauerhaft zu etwas verpflichten wollen“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese.

Aussteller
50 Vereine präsentierten sich bei der Velberter Ehrenamtsbörse, die alle zwei Jahre stattfindet.

Auszeichnungen
Neben etlichen Informationsständen gab es auch einige Ehrungen. So wurde Wolfgang Köster für seine 50-jährige Mitgliedschaft beim Technischen Hilfswerk THW ausgezeichnet. Die Johanniter Velbert, die Velberter Tafel und die Stadtbücherei erhielten zudem den Preis „Engagement anerkennen“ der Freiwilligen Agentur Velbert.

 

Pfarrer Peter Jansen fordert auch eine Kultur des Ausstiegs aus dem Ehrenamt, denn dieses könne kein zweiter Beruf sein: „Es darf nicht in Stress ausarten.“

Der CDU-Landtagsabgeordnete Marc Ratajczak verweist allerdings auch auf die persönlichen Chancen, die ein Ehrenamt bietet: „Man lernt, Verantwortung zu übernehmen und kann sich zusätzlich qualifizieren.“ Auch in einem anderen Punkt stimmen alle überein: „Das Ehrenamt ist ein Schatz unserer Gesellschaft“, sagt Kerstin Griese.