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Schlüsselregion
Betriebe verleihen Mitarbeiter für gute Taten
30.04.2015 | 07:00 Uhr

Foto: Heinz-Werner Riec

Einrichtungen stellen Firmen in der Sporthalle des Gymnasiums ihre Anliegen vor. 95 Kooperationen sind für „Ein Tag für deine Stadt“ vereinbart.

Freie Wirtschaft und Gemeinnützigkeit, geht das zusammen? Nach dem Donnerstagabend in Heiligenhaus zu urteilen: ja. Voller Menschen war die Sporthalle des Immanuel-Kant-Gymnasiums, voller Stände, an denen gemeinnützige Einrichtungen aus Niederberg mit Modellen erhoffter Neuanschaffungen oder mit anderen Illustrationen erwünschter Hilfsaktionen vorstellten, was bei ihnen not tut.

Zielgruppe waren die hiesigen Firmenvertreter: Sie bevölkerten die Halle, sprachen mit Standinhabern über deren Bedürfnissen. Grüne Fahnen zeigten ihnen, wo noch jemandes Abhilfe gebraucht wird.

77 Betriebe bekundeten Interesse

Alles Menschen, die am Freitag, 19. Juni, unter dem Motto „Ein Tag für deine Stadt“ einen Arbeitstag gemeinnützigen Zwecken widmen wollen. Nach Vorbild der amerikanischen „Community Service Days“ sollen sie von 9 bis 17 Uhr bei voller Bezahlung Dinge tun wie beispielsweise mit Bewohnern der Lebenshilfe in der Abtsküche deren Gartenhaus streichen. 65 gemeinnützige Einrichtungen aus Heiligenhaus und Velbert werben mit 116 Projekten um die Mithilfe der Firmen. Interesse bekundet hatten bis Donnerstagabend 77 Betriebe.

Zum Beispiel die Firma Woelm. Geschäftsführer Karl Kristian Woelm hat dem Umweltbildungszentrum zugesagt, eine bühnenartige Multifunktionsfläche aus Holzbohlen außen anzubauen. „Das Holz ist da, die Arbeit kommt von uns“, sagt Woelm. „Wir haben nach einem Projekt gesucht, mit dem wir uns identifizieren können und das zu unseren handwerklichen Möglichkeiten passt. Es ist zwar nicht aus Metall, aber wir können auch mit Holz umgehen.“

„Wackeltische“ zu reparieren

Und der Heiligenhauser Standort der Tafel für Niederberg hat 20 Minuten nach dem Startschuss schon „Gemüseschnibbeln für die Gulaschkanone“ und „Wackeltische zu reparieren“ an den Geschäfts-Mann gebracht. Für die anstehende Grundreinigung der Fliesen am Standort Rheinlandstraße hat sie einen Reinigungsmittel-Hersteller interessieren können.

Grob sind zu unterscheiden: handwerklich-bauliche Projekte (ein Regalsystem für die soziale Warenbörse der freikirchlichen Gemeinde), Begegnungsprojekte (Senioren treffen Wirtschaftsvertreter im Museum) und Wissensvermittlung (Firma Carl Fuhr erklärt Schülern, worauf es im Berufsleben ankommt). So sortiert es Jule Körber.

Ihr Wirtschaftsverband „Die Schlüsselregion“ hat den Tag im Dienste der Allgemeinheit angeregt und organisiert ihn. Jule Körber ist sichtlich zufrieden mit der bisherigen Resonanz. „Echt krass“, resümiert sie knapp.

Noch sind nicht alle Projekte vergeben. Doch Jule Körber sagt, nachdem sie den Stapel von 95 Kooperationsvereinbarungen durchgezählt hat: „Bei denen, die leer ausgegangen sind, bemühen wir uns um Nach-Akquise.“

Wenn die Aktion sich auf diesem Niveau fortsetzt, wird man nach dem 19 Juni von einem stattlichen Erfolg sprechen können. Auf diesen großen Tag wird jetzt hingearbeitet.

„Sandspiel“ für Flüchtlingskinder

Schon die schiere Masse an Menschen, Ständen und grünen Fähnchen, die in der Sporthalle des IKG um die Mithilfe der hiesigen Firmen werben, führt vor Augen, wie groß der Renovierungs- und Anschaffungsstau ist.

Hinter einem Sandkasten voller Spielzeug wirbt etwa Albrecht Schniewind von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche der Diakonie (erfolgreich, wie er später schreiben wird) für ein ernstes Anliegen: Seine Beratungsstelle bräuchte einen Tischler, der zwei wasserdichte Kästen für die sogenannte „Sandspiel-Therapie“ baut. In solchen Kästen können etwa Flüchtlings-Kinder ihre traumatischen Erlebnisse mit Baggern, Booten oder Playmobil darstellen, ohne über sie sprechen zu müssen.

Und der Heiligenhauser Jugendrat sucht unter dem Motto „Aus Grau mach bunt“ nach Könnern, die die Spraydose in die Hand nehmen, um die eher tristen drei Hügel für Skater an der Bergischen Straße mit Graffiti zu verschönern.

Die (zufällig ausgewählten) hier erwähnten Projekte stehen exemplarisch für alle 116. Eine vollständige Liste gibt es im Internet unter www.meine-schluesselregion.de.
Fabian May